Viele Anwohner sind sogar doppelt überrascht, nämlich einmal, weil sie diesem unscheinbaren Kasten - der da an der Laterne vor der Hausnummer 88 angebracht war - gar keine Geschwindigkeitsmessungen zugetraut hatten und meinten, da würde irgendwie noch eine Anzeige zusätzlich angebracht. Zum Zweiten überraschen die Ergebnisse, denn es wurde im Prinzip genau das gemessen, was die Bürger empfinden – zu viele und zu schnelle Autos in einem eigentlich eher beschaulichen verkehrsberuhigten Bereich. Überraschend dabei ist, dass normalerweise das Bürgerempfinden und gemessene Fakten oft genug nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.
Nach Aussagen des Protokolls und des Stadtteilmanagers Herrn Bach (Bürgerforum vom 24.01.2008) besteht konkreter Handlungsbedarf in der Charlottenstraße und das Tiefbauamt der Stadt wurde beauftragt, zu prüfen, ob Abhilfe möglich ist. Jetzt weiß man ebenso, dass auf Seiten der Bürokraten Handlungsbedarf und tatsächliche Handlung oft genug genauso wenig in Übereinstimmung zu bringen sind, wie Bürgerempfindungen und Messungen. Also gäbe es keinen Grund überrascht zu sein, wenn das Tiefbauamt auf die angespannte Haushaltslage oder irgendwelche wolkigen technischen Probleme verweist. Man darf also gespannt sein, ob hier sozusagen „auf der Straße“ bald was passiert, denn viele Anwohner sind gerade deswegen etwas sauer, weil sie zwar den damaligen Umbau zum verkehrsberuhigten Bereich über eine Umlage mitfinanziert hatten, eine Änderung der Verkehrsverhältnisse damit aber nicht eintrat. Siehe hierzu auch Beitrag historische Dokumente vom 11. August 2007.
Von der eigentlichen Geschwindigkeitsmessung kann sich jeder Leser mit Internetanschluss selbst ein Bild machen, hier nur einige Ergänzungen und Interpretationen:
In nicht ganz fünf Tagen von Montag, 26.11.2007 - 7:56 Uhr bis Freitag, 30.11.2007 – 15:00 Uhr = 103 Stunden sind 3.418 Autos durch die Charlottenstraße gefahren. Das sind etwas über 33 Autos je Stunde. Zu Spitzenzeiten zwischen 12:00 Uhr und 18:00 Uhr fahren die Autos sogar im Minutentakt. Dass das nicht alles Anwohner sein können, versteht sich von selbst und dass eine Straße zu dieser Zeit nicht als verkehrsberuhigt oder Spielstraße bezeichnet werden kann, dürfte ebenso deutlich sein. Interessant ist auch die Tatsache, dass im Messzeitraum 35,3% der Autos mit einer Geschwindigkeit von über 25 km/h unterwegs sind, wobei die Chancen von einem wesentlich zu schnell fahrende Auto erwischt zu werden in der Zeit von 3:00 Uhr bis 6:00 Uhr mit 50% und zwischen 18:00 Uhr und 21:00 Uhr sowie zwischen 21:00 Uhr und 23:59 Uhr mit 41,7% beziehungsweise 49,1% besonders groß ist. Kurz gesagt, während tagsüber wegen der reinen Masse die Straße allein den Autos gehört, gehört sie diesen in der Nacht wegen der hohen Geschwindigkeiten.
Schade, dass die Anlage den Bereich unter 25 km/h nicht exakt gemessen hat, denn man möchte wetten, dass diejenigen Fahrzeuge, die zwar mit weniger als 25 km/h gemessen wurden, längst noch nicht mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs waren. Hier findet sich also eine Art methodischer Fehler bei der Messung, so das inseldergestrandeten.blogspot.com behauptet, dass 99% aller Fahrzeuge zu schnell unterwegs waren. Im offiziellen Messprotokoll wird dagegen beschönigend genannt, dass 65% aller Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit unter 25 km/h gemessen wurden. Und noch ein methodischer Fehler muss bei der Messung berücksichtigt werden. Leider hat die Anlage ihre Messung am Freitag, 30.11.2007 um 15:00 Uhr eingestellt. Da misst die Anlage Tag und Nacht rund um die Uhr und stellt dann am Freitag um 3 pünktlich die Arbeit ein. Hat da etwa jemand den Beamtenmodus aktiviert? Anwohner werden also ihre Beobachtungen, dass gerade in der Nacht von Freitag/Samstag und Samstag/Sonntag wahre Geschwindigkeitsrekorde in der Charlottenstraße gebrochen werden leider nicht offiziell bestätigt bekommen. Schade, denn so bleibt nur die Feststellung, das lediglich 7 Messungen zwischen 45 und 50 km/h zu verzeichnen wären.
Ergänzt werden sollte vielleicht noch, dass am 01.11.2006 ein Kind in der Charlottenstraße von einem alkoholisierten Fahrer mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit angefahren wurde. Der Polizeipressebericht sprach damals von einem Schutzengel, den der Junge gehabt haben muss. So theoretisch sind die Gefahren also nicht. Denn wie man unter anderem auf der http://www.internetratgeber-recht.de/Verkehrsrecht/frameset.htm?http://www.internetratgeber-recht.de/Verkehrsrecht/Rechner/rechner-bremsweg.htm nachlesen kann, beträgt der Anhalteweg auf trockener Straße bei 10 km/h ca. 2,4 Meter, während er bei 50 km/h 24,6 Meter beträgt. Da sich der Anhalteweg aus Reaktionszeit und Bremsweg zusammensetzt, wird eine Person, die in 10 Meter Abstand vor dem Fahrzeug überraschend auf die Straße tritt bei 50 km/h ungebremst überfahren, während man bei 10 km/h bereits 7 Meter vor der Person zum stehen kommt. Hierbei sind Alkoholeinflüsse und sonstige reaktionszeitverlängernde Umstände, wie telefonieren mit dem Handy einmal beiseite gelassen. Und um es noch drastischer deutlich zu machen, wer mit 50 km/h angefahren wird, kann auch aus einem 10 Meter hohen Fenster auf die Straße springen und mit der Körperseite aufkommen, der Effekt ist derselbe (http://2cu.at/anhalteweg/).
Und noch eine Ergänzung aus aktuellem Anlass. Aufgrund der Arbeiten an Gasleitungen in der Eppinghofer Straße ist die Sandstraße in Richtung Verkehrskreisel ab Einmündung Charlottenstraße seit ca. einer Woche gesperrt. Von der Charlottenstraße kann seither nur noch nach links abgebogen werden. Das überfordert anscheinend viele Autofahrer, denn wenn man sonst nur in Einzelfällen Autos sieht, die verkehrt herum die Einbahnstraßen Schreiner- und Charlottenstraße befahren, sind diese momentan sehr häufig zu beobachten. Besonders beliebt ist die Abbiegevariante von der Schreinerstraße am Containerstandort rechts zum Tourainer Ring oder vom Schotterparkplatz links statt rechts. Auch bezüglich Geschwindigkeitsüberschreitungen sind gerade im Moment viele Autos unterwegs. Es scheint, dass viele Autofahrer überhaupt kein Verständnis für Baumaßnahmen und geänderte Verkehrsführungen haben und die dadurch verursachten Verzögerungen als Rechtfertigung ansehen, sämtliche Verkehrsregeln eigenmächtig außer Kraft zu setzen.
2 Kommentare:
Es ist wirklich so, dass zur Zeit aufgrund der Baustelle einige Verkehrsregeln außer Kraft gesetzt sind.
Da wird mit enormer Geschwindigkeit durch die Schreinerstraße gefahren. Egal, ob Kinder oder Fußgänger auf der Straße sind oder nicht. Würden hier Geschwindigkeitensmessungen durchgeführt, wären die Ergebnisse mit Sicherheit genauso wie in der Charlottenstraße.
Und dann mit quietschenden Reifen entgegen der Einbahnstraße fährt man auf den Schotterparkplatz. Sonst müsste man ja in der Tat einen größeren Umweg fahren und das kann man ja schießlich nicht verlangen.
Endlich hat sich bestätigt, dass die Empfindungen der Bürger mehr als richtig waren. Jahrelang wurden die Beschwerden der Bürger bei der Stadt als Fehlempfindungen abgetan. Hoffentlich dauert es nicht wieder genau so lange bis gehandelt wird.Da die Stadt immer wieder in Geldnöten ist, wäre ein "Blitzer" eine riesige Einnahmequelle und gleichzeitig eine gut Erziehungsmaßnahme für die Raser.
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