Wahrscheinlich ist der Besuch anders abgelaufen, als man es sich auf beiden Seiten zunächst gedacht hatte aber fangen wir mal ganz am Anfang an.
Es war schon ein erhebender Augenblick als der schwere, dunkle Oberklassewagen der
Oberbürgermeisterin um Punkt 18:30 in die Charlottenstraße einbog und mit der vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit die Straße bis zur Einfahrt des Behelfsparkplatzes entlangglitt. Danach kam dann die bittere Realität und mit dem majestätischem Dahingleiten war es erst einmal vorbei, denn das vollbesetzte Fahrzeug wurde kräftig durchgeschüttelt und eingestaubt. Dem Wagen entstieg dann doch tatsächlich die Oberbürgermeisterin und sie hatte sich wirklich für uns alle sehr schick gemacht. Also so etwas ist man auf der Insel wirklich nicht gewohnt, Hut ab. Einige Anwohner, die der Ankündigung auf den Handzetteln wahrscheinlich keinen Glauben geschenkt hatten, müssen sich am Fenster ganz schön die Augen gerieben haben, so haben die Gardinen gewackelt.


Nachdem der Oberbürgermeisterin von kundiger Seite erst einmal ein paar örtliche Gegebenheiten unmittelbar am Parkplatz gezeigt wurden (Spielplatz, Bolzplatz, Lagerplatz, Drogenkonsumplatz), gab es dann eine kleine Inselführung. Man glaubt es kaum, wer sich in der Zwischenzeit alles eingefunden hatte. Da waren der Leiter des Zentralen Außendienstes der Stadt, Erich Oesterwind und der zuständige Bezirksbeamte der Polizeiinspektion Mülheim, Ralf Lange. Darüber hinaus waren auch die beiden Ordnungskräfte Achim Stümpler und Jürgen Opala mal wieder vor Ort. So viel Stadtprominenz hat es wahrscheinlich hier seit 100 Jahren nicht gegeben.
Danach kam der protokollarische Ablauf etwas durcheinander, denn Frau Mühlenfeld erreichte
den Eingang zum Kinderspielplatz. Und man glaubt es kaum, eine ganze Kinderschar umringte plötzlich unsere Oberbürgermeisterin. Herrliche Szenen spielten sich ab. Kinder kennen eben keine Scheu. Und Kindermund tut Wahrheit kund, neben dem Wunsch nach neuen Spielgeräten kamen auch Aussagen, die sich kein Erwachsener getraut hätte. "Wir möchten nicht, dass die Penner hier immer sitzen, Alkohol trinken und Scherben machen". "Frau Bürgermeisterin, dahinten spritzen sich die Leute immer." Eine Vertreterin der örtlichen Presse hielt die ganze Kinderszene für gestellt und konnte nicht glauben, dass so etwas spontan passieren könnte. Tja, das ist eben die andere Seite der Insel. Die Anwesenheit der Medienvertreter war im Übrigen auch nicht zu verachten, sowohl die WAZ, die NRZ und die Mülheimer Woche waren inklusive Fotografen vertreten. Danach ging es dann weiter mit der Inselexkursion, so wurde die Schreinerstaße mit ihren idyllischen Gärten und die Charlottenstraße mit den nicht ganz so idyllischen Hinterhöfen der Eppinghofer Straße gezeigt. Wohlgemerkt, es wurden sowohl die üblichen negativen Aspekte (Lärm, Müll, Kriminalität, Raserei) als auch die positiven Aspekte (tolle Nachbarschaft, Kinder, internationaler Zusammenhalt) hervorgehoben.

Um kurz nach sieben traf man dann auf einem Garagenhof in der Charlottenstraße wieder zusammen. Hier wurde dann kräftig diskutiert. Dabei sind einige Wortbeiträge doch ein wenig über das Ziel hinausgeschossen, denn es sollte ja nicht um die große Politik gehen, sondern um das Miteinander und die Probleme hier vor Ort. Aber wann hat man schon einmal die Möglichkeit der Oberbürgermeisterin persönlich die Meinung zu sagen. Natürlich wurden auch die Probleme angesprochen, die hier im Blog bereits dokumentiert wurden und nicht wiederholt zu werden brauchen. Bei dieser Gelegenheit sei auch auf den sehr ausführlichen Bericht der WAZ von heute ("Es bleibt viel zu tun", "Drei Fragen an Daniel Bach" und "Nah dran") verwiesen. Neu war einigen Inselbewohnern, dass die Garagenhofmauer die Bezeichnung "längste Theke von Eppinghofen" trägt. Ein wirklich sehr zweifelhafter Titel. Es bleibt abzuwarten was nach der urlaubsbedingten Wiedereröffnung des Kioskes passiert. Wichtig wäre insgesamt eine gewisse Nachhaltigkeit, denn nur so kann es besser werden.
Nun ja, alles in Allem wurde der Besuch der Oberbürgermeisterin als sehr positiv für die Menschen und das Viertel angesehen auch wenn es da und dort einige Personen gab, die lieber nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich und ihre Geschäfte lenken wollen.
P.S. Eine auch eher negativ empfundene Sache war, dass in den letzten drei Tagen vor dem Besuch extrem häufige Straßenreinigungen durchgeführt wurden und auch die Neuaufstellung des krumm gefahren Pollers in einer atemberaubenden Geschwindigkeit stattfand. Ob das Zufall war?
1 Kommentar:
Ich habe heute in der NRZ über den Besuch der Oberbürgermeisterin in der Charlottenstraße gelesen.
So so, sie setzt also auf das Dialogmodell. Ich kann mich gut daran erinnern, als vor ein paar Jahren die Aktion "Sauberes Mülheim" ins Leben gerufen wurde.
Dort wurde die "Rote Karte" vorgestellt,auf der man lesen kann, dass z.b. für weggeworfene Dosen und Verpackungen 20 Euro fällig sind, unsachgemäße Entsorgung von Hausmüll kostet z.B. ab 50 Euro.
Es kann ja sein, dass sich diese Aktion nur auf die Schlossstraße bezog oder bezieht.
Ich frage mich, wie die Oberbürgermeisterin mit den illegalen Müllentsorgern in den Dialog treten will, wenn diese bei Nacht und Nebel ihren Dreck und Müll entsorgen. Will sie sich in der Nähe der Container auf die Lauer legen und sie auf frischer Tat ertappen und dann mit ihnen Gespräche führen?
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