Nachdem Antenne Ruhr am Dienstag mehrmals über Probleme auf der Insel der Gestrandeten berichtet hat, (Auszüge siehe unten) sind die Wellen vor Ort ziemlich hoch geschlagen. Fast an jeder Straßenecke standen Personen zusammen und diskutierten über das, was da im Radio zu hören war. Vier Strömungen treten dabei hervor:
- Diejenigen, denen nicht bewusst war, wie schlimm es eigentlich steht
- Diejenigen, die schon vor Jahren resigniert haben und jetzt noch mehr resignieren
- Diejenigen, die Probleme nicht wahrhaben wollen und für die alle, die auf Probleme hinweisen, Nestbeschmutzer sind
- Diejenigen, die Konsequenzen ziehen und bei nächstbester Gelegenheit keine Anwohner mehr sind
Nicht zu sehen waren die, die sich über die Zustände und deren Veröffentlichung eher freuen, denn so wird die Insel der Gestrandeten noch mehr ihr Revier. Auch nicht zu sehen sind jene, die sich über den Verfall der Miet- und Immobilienpreise freuen oder ärgern, je nachdem ob sie Immobilien besitzen oder Mieter sind. Und dann gibt es natürlich auch die, die von alldem überhaupt nichts mitbekommen haben oder mitbekommen haben wollen. Zu sehen waren auch einige Zaungäste aus anderen Stadtteilen.
Was aber gab es zu sehen? Eigentlich nichts, außer ziemlich beschaulichen Straßen mit ein wenig herumliegenden Müll. Warum aber gab es sonst nichts zu sehen? Nun, zunächst einmal handelt es sich im Moment um die falsche Zeit; nicht nur die falsche Uhrzeit (vor 23:00 Uhr gibt es nichts Aufregendes zu sehen oder zu hören) sondern auch die falsche Saison. Sobald es regnet oder Alkoholquellen versiegt sind, herrscht nämlich üblicherweise Ruhe und Frieden. So haben maßgebliche Gestrandete und deren Freunde am Wochenende (Freitag, Samstag, Sonntag) sozusagen ihren vorübergehenden Abschied von der Insel gefeiert.
Mit dem nötigen Abstand von zwei Tagen ist das, was im Radio gesendet wurde dann sehr interessant, wenn die einzelnen Aussagen näher betrachtet werden. Klar ist, dass das, was gesendet wurde eher reißerisch gestaltet war. Wahrscheinlich würde sonst keiner hinhören. Dass sich aber Anwohner "nicht mehr auf die Straße trauen "und ständig "bedroht werden" ist nicht unbedingt der Fall und wurde an dieser Stelle auch nicht so beschrieben. Ähnlich ist wohl auch die Aussage zu werten, dieser Blog sei überspitzt formuliert. Zynisch mag dieser Blog ja sein aber Zynismus ist nicht mit Überspitzung gleichzusetzen. Alles was hier beschrieben wurde, ist auch so geschehen, die Schilderungen müssen aber aus der emotionalen Sicht von betroffenen Anwohnern gesehen werden. Es gibt sicherlich Einige, welche die beschriebenen Zustände anders und aus ihrer Sicht vielleicht sogar positiv wahrnehmen und wiedergeben würden, dazu braucht man nur einige Kommentare aufzurufen. Aufschlussreicher sind aber die Originaltöne der Interviewpartner.
Verwunderlich ist, dass weder die Polizei noch das Ordnungsamt abstreiten, dass irgend etwas nicht stimmt. Das war in der Vergangenheit meistens anders. Zwar spricht die Polizei immer noch nur verharmlosend von ein paar Leuten, die dort Alkohol trinken. Aber man muss diese Aussagen mal auf den Kern reduzieren. Eigentlich heißt das, dass Polizei und Ordnungsamt nicht nur von den hier beschriebenen Zuständen wissen, nein die Zustände werden als Normalität akzeptiert.
Noch bedenklicher aber ist, dass sowohl die Polizei als auch das Ordnungsamt "andere Institutionen" oder "die Stadt" aufrufen etwas zu tun. Geht es nicht in erster Linie um öffentliche Sicherheit und Ordnung? Welche anderen Institutionen sind dafür zuständig? Ist hier der noch nicht existente Stadtteilmanager gemeint oder die MEG? Ist das Ordnungsamt eine unabhängige Institution neben der Stadt, so dass auf diese verwiesen wird? Müssen Polizei und Ordnungsamt nicht von Amts wegen andere Institutionen einschalten, wenn deren Zuständigkeit erkannt wird? Diese Aussage in Kombination mit der Aussage "dass wir nicht so viele Kräfte abstellen können" kommt einer Kapitulationserklärung und einer Einladung an Störenfriede, Vandalen und Kriminelle gleich. Das ist genau das, was man als rechtsfreien Raum bezeichnen muss. Polizei und Ordnungsamt ziehen sich zurück und überlassen ein Gebiet seinem Schicksal. Wie darf man diese Zustände nennen? Ist Skandal, Katastrophe, Drama oder Paradies für Gangster dafür angemessen?
Auch der heutige Bericht in der WAZ "Ortstermin Kurfürstenstraße" spricht Bände, da ist ganz plötzlich die Rede davon, dass Bürger sich einmischen sollen, sich um das kümmern sollen, was im Wohnumfeld passiert, Störer sollen angesprochen werden. Ja was glauben die eigentlich, was hier vor Ort schon alles versucht wurde und noch wird. Allein es nützt nichts. Die entsprechenden Personen werden im harmlosesten Fall frech, im schlimmsten Fall kommt es zu Gewaltausbrüchen. Dann darf man die Polizei rufen und den Rettungswagen am besten gleich mit oder wie? Oder sind diese Aufrufe zur Selbsthilfe eigentlich Aufrufe zur Gründung einer Art Bürgerwehr oder zur Bildung einer so genannten "Gated Community", also eines eingezäunten Gebiets, wie in den USA mit Pförtner und Anwohnern, die Plastikarmbänder tragen?
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